August 9, 2021

Der grüne Terminator

Arnold Schwarzenegger war Mr. Universum, Schauspieler und Gouverneur von Kalifornien. Seine neue Rolle: Klimaaktivist mit Esel und Elektro-SUV. Ein Hausbesuch in Los Angeles.

SPIEGEL: Als Sie vor 53 Jahren Österreich verließen, um eine Karriere in Amerika zu beginnen, wollten Sie von Ihrem Heimatland überhaupt nichts mehr wissen. Kommen Sie jetzt, da Sie älter geworden sind, Ihrem Heimatland näher?

Schwarzenegger: Damals hatte ich das Gefühl, dass ich jetzt alles hinter mir lassen muss. Ich habe mir gesagt: Diese Vergangenheit hat nicht existiert. Amerika ist die Zukunft. Und so bin ich eingetaucht in die englische Sprache und habe nicht mehr Deutsch gesprochen. Wenn ich über Österreich redete, habe ich das in einer abschätzigen Weise getan, ich hasste alles an Österreich. Aber jetzt kehrt die Vergangenheit wieder in mein Bewusstsein zurück.

Arnold Alois Schwarzenegger ist aufgewachsen in Thal, einer Gemeinde in der Steiermark mit damals 1200 Einwohnern, einem Dorf, das ohne Straßennamen auskam und seine Häuser von 1 bis 250 durchnummeriert hatte. Nummer 1 war das Pfarramt, Nummer 2 das Gemeindehaus, in dem auch die Gendarmerie untergebracht war und wo sein Vater arbeitete, Nummer 145 war die Adresse der Familie. Die Schwarzeneggers lebten in der ersten Etage, auf drei Zimmer verteilt. Sein Vater war Gendarmerie-Postenkommandant in Thal, Chef von drei Dorfpolizisten. Als kleiner Junge schaute Arnold zu ihm auf, setzte sich die Polizeimütze auf und betrachtete sich im Spiegel. Niemand kam ihm so übermächtig vor wie sein Vater. Aber die 930 Schilling, die sein Vater monatlich verdiente, passten nicht zu dem Anspruch, den er ans Leben hatte. Ein Auto war viel zu teuer, auch einen Kühlschrank konnten sich die Schwarzeneggers nicht leisten, Wasser holten sie aus dem Brunnen vor ihrem Haus.

Schwarzenegger: Ich bin aufgewachsen mit einer Toilette ohne Spülung, an Duschen war gar nicht zu denken. Das hat mich natürlich geprägt. Wenn mein Sohn Patrick eine Viertelstunde unter der heißen Dusche stand, hab ich ihm erklärt: Es ist jetzt vorbei.

Ralf Moeller nähert sich von hinten aus der Küche, er hat einen weißen Proteindrink mitgebracht, einen guten halben Liter, den er Schwarzenegger anbietet.

SPIEGEL: Verdirbt zu viel Konsum die Menschen?

Schwarzenegger: Ich wollte nie, dass meine Kinder verwöhnt aufwachsen.

SPIEGEL: Wie haben Sie das verhindert?

Schwarzenegger: Ich habe die Tennisschuhe meiner Tochter verbrannt.

SPIEGEL: Das meinen Sie jetzt nicht im Ernst.

Schwarzenegger: Natürlich. Sie haben hier einfach herumgelegen, und ich habe gefragt, wem die Tennisschuhe gehören. Meine Tochter hat gerufen: Wirf sie bitte nicht in den Kamin, das sind meine Lieblingstennisschuhe. Aber es war schon das dritte Mal, dass sie herumlagen, und da habe ich ihr gesagt, dass ich sie in den Kamin werfe. Sehen Sie da hinten den Kamin? Sie sind dort in Flammen aufgegangen. Katherine hat geweint, sie hat ein Riesentheater gemacht, ist zu ihrer Mutter gerannt, aber das hat dann gewirkt.

SPIEGEL: Woher wissen Sie das?

Schwarzenegger: Meine Tochter hat mich neulich angerufen, es war wegen ihres Stiefsohns: Daddy, du wirst nicht glauben, was ich gemacht habe. Ich habe seine verdammten Tennisschuhe genommen, die er zum fünften Mal hat rumliegen lassen, und habe ihm gesagt: Pass auf, wenn du deine Tennisschuhe noch einmal herumliegen lässt, werfe ich sie in den Kamin. Kannst du das glauben, Daddy, dass ich das meinem Sohn gesagt habe?

Schwarzenegger lässt sich von Fragen nicht hetzen, im Gegenteil. Bevor er antwortet, wartet er immer ein bisschen und schaut einen mit seinen raubtierhaft kleinen Augen an, scheinbar reglos, sodass man im ersten Moment nicht erahnen kann, ob man von ihm eine Antwort bekommt oder ein Überfall droht. Seine Erzählungen sind lustig und unterhaltsam, sie klingen immer ein wenig dick aufgetragen, nach einer Storyline, wobei er niemals den Eindruck erweckt, als zweifle er einen Moment daran, dass es sich alles genau so zugetragen hat. Aber vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig.

Schwarzenegger zeigt hinter sich, auf sein Haus.

Schwarzenegger: Sehen Sie den Balkon? Das ist der Balkon von Patricks ehemaligem Kinderzimmer. Ich habe da mal seine Matratze heruntergeworfen, sein Kissen, das ganze Bettzeug, weil er sein Bett nicht gemacht hatte.

SPIEGEL: Und das hat gewirkt?

Schwarzenegger: Es hat gewirkt.

Er lebt hier im Überfluss, mehr als 1500 Quadratmeter Grundstück, wie es heißt, acht Schlafzimmer, zehn Bäder, ein Tennisplatz, ein Swimmingpool, Gartenpavillon und Pferdestall. Er hat mehrere Harleys und einen Hummer in der Garage, einen Whirlpool im Garten. Aber der Hummer ist umgerüstet, der Whirlpool bezieht seinen Strom aus den Solarzellen, die er auf einem Hügel über der Villa hat anbringen lassen, und immer öfter, sagt er, tausche er die Harley gegen sein Fahrrad, ein elektrogetriebenes Fatbike.

Hier also sollen sich die Widersprüche auflösen, hier soll zusammengehören, was eigentlich nicht zusammenpasst. Hier kann er rauchen und trotzdem gesund leben, vegan essen und trotzdem Spaß haben, ein dickes Auto in der Garage stehen haben und trotzdem umweltbewusst sein. Hier will er zeigen, dass Konsum auch reuelos geht. Dass man auf nichts verzichten muss, um die Welt zu ändern.

Das gesamte Interview gibt es hier zu lesen.